Die Liebe

Die Liebe

Die Liebe

Erhaben steht die kleine, unscheinbare, jedoch anmutige und einladende Hütte auf der einsamen Lichtung. Davor eine stattliche Eiche die schon viele Stürme erlebt hat. Sie ist der Hort einer Eule, man sagt, die Eule sei ein Freund des Bewohners. Dieser Ort ist magisch, auf eine spezielle Art und Weise. Häufig sieht man ein Rotkehlchen zu Besuch kommen. Die Tiere mögen diesen Ort, trotz oder gerade wegen der Einsamkeit. Außer dem Bewohner wurde hier noch nie ein anderer Mensch gesehen. Es ist Abend, Rauch steigt aus dem liebevoll mit Ziegelsteinen gemauerten Kamin auf. Die alten mit Lehm verputzten Holzwände der Hütte strahlen eine angenehme Wärme aus und der Feuerschein aus dem Kamin tanzt silbern auf den mit weißem Kalk gestrichen Wänden. Der Bewohner, nennen wir ihn der Einfachheit halber - Der alte Mann - sitzt schlafend in seinem Sessel. Ein paar Hunde liegen verstreut auf den knarrenden Holzdielen, auch sie schlafend, und seine rechte Hand ruht auf einem dieser Gefährten, Gefährten, die ihm immer wieder Kraft geben auf seinem Weg, ein Weg der ihm oft als mühsam erschien, auch wenn er dies heute nicht mehr so empfindet. Er ist ruhiger geworden, er lächelt mehr und in seinem schlafenden Antlitz spiegelt sich sein innerer Frieden.

Durch seine geschlossenen Augen erreicht ihn ein sanfter Lichtschein, oder träumte er das nur? Er ist irritiert und traut sich nicht die Augen zu öffnen. Er weiß um den Sessel, ihm gegenüber, der Sessel, der immer noch wie neu aussieht, obwohl er schon so alt ist. Der alte Mann kann sich nicht erinnern das jemals jemand daringesessen hat. Von dort scheint das Licht zu kommen und in ihm ist das Gefühl, das dieser Sessel für eine Leere steht, für etwas das er nie benutzte, für etwas das mit Lichtvoller Kraft endlich zu ihm kommen möchte.

So traut er sich langsam, blinzelnd seine Augen zu öffnen. Ihm gegenüber sitzt ein Wesen, das er kaum erkennen kann, so strahlend, von einem Kleid aus Licht umhüllt. Ein Mann, eine Frau? Tief in seinem Inneren fühlt er sich von etwas berührt, etwas das von diesem Besucher ausgeht und er erinnert sich, hier und da dieses etwas schon mal gefühlt zu haben. „Was mag dies sein?“, so fragt er sich. Die beiden schauen sich nur an, schweigend, und der alte Mann, der den direkten Blickkontakt meidet, hat das unbestimmte Gefühl sich selbst zu betrachten. So vergeht eine kleine Ewigkeit, zumindest ist dies der Eindruck des alten Mannes und dann nimmt er schließlich seinen ganzen Mut und schaut seinem Besucher so tief in die Augen, dass ein Beobachter das Gefühl hätte er möchte mit seinem Besucher verschmelzen.

Eine Welle des Friedens und der Ruhe durchströmt ihn und der alte Mann spürt, wie sich etwas in ihm öffnet, wie die Blüte einer Blume, die sich im frühen morgendlichen Sonnenlicht öffnet.

Der Besucher schaut ihn an und sagt: “Ich möchte dir etwas über den Sessel erzählen, in dem ich sitze.“

„Über den Sessel?“ Der alte Mann ist irritiert über den Wunsch seines Besuchers.

„Ja, über den Sessel. Dieser Sessel ist so alt, dass du nicht mehr weißt, wann du ihn bekommen hast. Für dich fühlt es sich an, als ob er schon immer da war und doch hast du ihn nie benutzt. Es hat auch nie jemand daringesessen, denn dies ist dein persönlicher Sessel.

„Mein persönlicher Sessel?“

„Ja, dein persönlicher Sessel. Du hast vergessen, dass du ihn vor sehr langer Zeit als Geschenk erhalten hast. Sozusagen von einem guten Freund.“

„Ja, das stimmt, daran kann ich mich wirklich nicht mehr erinnern entgegnet der alte Mann. Ich habe sogar vergessen, warum ich ihn nie benutzte.“

Nun, mein alter Freund, du hast ihn nie benutzt, weil du geglaubt hast in deinem alten Sessel wärst du besser aufgehoben, da er so schön eingesessen ist. Du hattest die Befürchtung der neue könnte unbequem sein oder dir Schmerzen bereiten. Und so steht er da, seit Jahren, und wartet auf dich. Aber heute, mein Freund, heute wird sich dies alles ändern.

„Wieso ändern, fragt der alte Mann?“

„Weil du heute berührt wurdest, und deshalb wirst du auch den neuen Sessel mit Freude und Leichtigkeit annehmen. Du wirst dich hineinschmiegen und nicht mehr aufstehen wollen, so wohl wirst du dich fühlen“

Der alte Mann schaut den Besucher an, sein Gesichtsausdruck spiegelt seine innere Bewegtheit und die vielen Fragen, die er hat, sind ihm wie auf die Stirn geschrieben. „Ich weiß nicht warum ich dich nicht einfach bitte zu gehen“, sagt er. „Du hast etwas an dir das ich nicht mit Worten beschreiben kann und dieses Gespräch ist sehr seltsam. Dennoch ist irgendetwas an deinen Erklärungen über diesen Sessel das ich mich auf liebevolle Art und Weise an mich und mein Leben erinnert fühle“.

„Das freut mich sehr“, sagt der Besucher. Dann können wir jetzt zu deiner Frage kommen, oder besser zu deinen Fragen“.

„Ich habe keine Fragen gestellt“, entgegnet der alte Mann.

„Doch innerlich“ bekommt er mit einem Schmunzeln des Besuchers zur Antwort

Der alte Mann schweigt einen Moment. „Ja, du hast recht“, entgegnet er. „Ich habe Fragen. Wieso kommst du in meine Hütte, aussehend wie ein Engel, weist über mein innerstes Sein Bescheid und erzählst mir eine Geschichte über diesen Sessel, als ob du mir etwas über mein Leben erzählen wolltest, und, wer oder was bist du?“

„Nun ich bin mir sicher, dass du die Antworten bereits kennst, dennoch gebe ich dir diese gerne. Dieser Sessel steht für etwas, was schon immer bei dir war und dass du dennoch gesucht hast. Obwohl es ständig bei dir ist, hast du nie in Erwägung gezogen dieses Etwas zu benutzen“, erklärt der Besucher mit einem liebevollen Lachen.  Dieses etwas ist so erfrischend und freudvoll, weil es nie vergeht oder altert. Es ist etwas, wo du dich hineinfallen lassen kannst, wie in einen neuen Sessel. Lass dich einfach überraschen“

Der alte Mann schließt kurz die Augen, um über dieses merkwürdige Rätsel nachzudenken. Als er seine Augen wieder öffnet blickt er auf einen nunmehr leeren Sessel. Wieder glaubt er kurz, nur geträumt zu haben, jedoch ist etwas in ihm, sich diesen Sessel, genauer anzusehen. „Nichts Besonderes zu erkennen“, denkt er und so fragt er sein altes Herz um Rat: „Was soll ich nur tun?“ Nach einem kurzen Moment der Stille erscheint ein Lächeln auf dem Gesicht des alten Mannes und er erhebt sich aus seinem alten Sessel und setzt sich mutig in den neuen ihm gegenüber. Er fühlt sich wunderbar geborgen und es wird ihm warm im Herzen. Ein paar Tränen laufen über die alten Wettergegerbten Wangen, weil er nun spürt und intuitiv weiß, wer oder was dieser Besucher war und an was dieser ihn erinnert hat. Es war,                DIE LIEBE          ………………und aus den Tiefen des Universums flüstert eine Stimme in ihm: „Lebe die Liebe, die du bist, die Liebe, immer da, immer wahr, einfach so“